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Trainerwechsel in Bern: Die Wiedergeburt unter Neu-Coach Heinz Ehlers

KEYPIX - Bern's head coach Heinz Ehlers, left, reacts during a Champions Hockey League game between Switzerland's SC Bern and Northern Ireland's Beflast Giants, at the ice stadium PostF ...
Hat beim SCB neu das Sagen: Heinz Ehlers.Bild: keystone
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Trainerwechsel und Wiedergeburt in Bern

Ob chaotisch, klassisch oder logisch: Ein Wechsel an der Bande wirkt im Eishockey eigentlich immer und überall – in Ambri, Bern und Genf. Der SCB steht unter dem neuen Trainer Heinz Ehlers vor einer Wiedergeburt.
12.10.2025, 19:1513.10.2025, 15:34

Die Kommandoenthebung war, ist und bleibt die populärste Krisen-Therapie. Kaum irgendwo ist ihre Wirkung so heilsam wie im Eishockey. Kein anderer Trainer im Teamsport hat einen vergleichbaren Einfluss. Er kann laufend die Zusammensetzung der Linien ändern und während des Spiels seine Männer jederzeit anschreien, anschweigen oder antreiben.

Ein Kommandant mit Herz und Kalkül zugleich. Deshalb wird er auch als Bandengeneral bezeichnet. Ob chaotisch, klassisch oder logisch: Seine Absetzung zeigt Wirkung. Im Herbst 2025 eine spektakuläre: Ambri und Servette haben nach einem Trainerwechsel zweimal hintereinander gewonnen, während sich der SCB unter Heinz Ehlers aus der taktischen Zwangsjacke befreit und in drei Partien bereits für mehr Spektakel gesorgt hat als zuvor seit Saisonbeginn unter Jussi Tapola.

La défaite 5-1 contre Fribourg Gottéron mardi aura été celle de trop pour l'entraîneur de Berne Jussi Tapola.
Jussi Tapola musste beim SC Bern nach einem schwachen Saisonstart gehen.Bild: fxp-fr-sda-rtp

In Bern wirkt die Mechanik vertraut. Ein klassischer Trainerwechsel als Befreiungsschlag. Die Spieler hatten sich still gegen Jussi Tapola aufgelehnt. Gegen die eiserne Disziplin, gegen die autoritären Machtspielchen, gegen das emotionslose Schablonenhockey, das in einem 0:4 in Ajoie kumulierte. Es war nicht erforderlich, gegen den Trainer zu spielen. Es reicht, sich nicht mehr für den Trainer zu engagieren. Die Entlassung des Finnen war also unausweichlich.

Unter seinem Nachfolger Heinz Ehlers wird Eishockey in Bern endlich, endlich, endlich wieder gespielt und nicht nur gearbeitet und taktisch berechnet. Ehlers sagt zwar bescheiden, seine Handschrift sei noch nicht zu erkennen. Doch selten war ein Wandel nach einem Trainerwechsel klarer sichtbar: Die Berner spielen unter dem Dänen schneller, direkter, mit der Mischung aus Wucht und Leichtigkeit, die Fans wie Spieler wieder freier atmen lässt.

Valentin Nussbaumer (HCD), gegen Anton Lindholm (SCB), von links, im Eishockey Spiel der National League zwischen HC Davos, HCD und SC Bern, SCB, am Sonntag, 12. Oktober 2025, in der zondacrypto-Arena ...
Gegen Zug siegte Bern, gegen Leader Davos verlor das Team von Heinz Ehlers nur knapp.Bild: keystone

Sie lösen nun die Angriffe schnell aus, ihr Spiel wird dadurch dynamischer, direkter, emotionaler und spektakulärer. Allein in der Partie am Samstag gegen Zug (3:0) gab es mehr Spektakelszenen als in den neun letzten Spielen unter Tapola.

Was gegen ein Operetten-Team aus Belfast in der Champions League (7:0) und Zug (3:0) funktionierte, reichte auch bereits, um Davos bei einer knappen Niederlage (1:2) bis in die letzten Sekunden maximal zu fordern.

Freispruch für Thierry Schild?
SCB-Stürmer Thierry Schild ist wegen einer «Physischen Tätlichkeit gegen an Offiziellen» im Spiel gegen Davos in der 36. Minute mit einem Restausschluss belegt worden. Der Fall geht damit direkt zum Einzelrichter. War es eine Tätlichkeit? Nein. Die Stockberührung mit den Beinen des Schiedsrichters ist zufälliger Natur. Das Vergehen ist eigentlich mit dem Restausschluss geahndet. Eine zusätzliche Sperre wäre angesichts der bisherigen Praxis – der Check von Lausannes Gavin Bayreuther im Viertelfinal gegen Langnau blieb im letzten Frühjahr straffrei – absurd, ja eigentlich ein Skandal.
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Bild: keystone

Der Tabellenführer zelebriert sein dynamisches Tempohockey halt bereits im dritten Jahr unter Josh Holden. Der SCB erst im dritten Spiel unter Ehlers und steht am Anfang seiner Wiedergeburt. Das machte in diesem intensiven Spiel die Differenz.

Die Bedenken, Heinz Ehlers werde Beton mischen, sind bereits zerstreut. Den Ruf, ein Defensiv-Trainer zu sein, hat er sich eingehandelt, weil er mit seinen bisherigen Teams in der höchsten Liga (SCL Tigers, Biel und Lausanne nach dem Aufstieg) gar keine andere Möglichkeit hatte.

Bern's head coach Heinz Ehlers, left, and Toni Szabo skills coach, react during a Champions Hockey League game between Switzerland's SC Bern and Northern Ireland's Beflast Giants, at th ...
Heinz Ehlers kann mehr als nur Defensiv-Eishockey.Bild: keystone

In der zweithöchsten Spielklasse hatte er hingegen bei Spitzenteams (Biel, Langenthal, Visp) mit dynamischem Offensiv-Hockey Erfolg. Und nun hat er in Bern eine Mannschaft, die zwar im Umbruch steht und ihre Ausländerpositionen nicht durchgehend gut besetzt hat. Aber bei weitem nach wie vor mit genug Substanz zu einer gut strukturierten offensiven Spielweise. Es ist so, als sei der SCB – wie die ins Schloss verbannte Prinzessin im Märchen «Dornröschen» – endlich wachgeküsst worden.

Bern tanzt, Genf zieht nüchtern Bilanz: Der Wechsel war logisch. Sportdirektor Marc Gautschi hat den Trainer für nächste Saison (den schwedischen Nationalcoach Sam Hallam) bereits verpflichtet. Bis dahin sollte Yorick Treille überbrücken, vom Assistenten zum Chef befördert. Doch nach zwei Demütigungen (0:11 in Lausanne, 0:8 in Biel) blieb nur der Schlussstrich. Nun hat der bisherige Assistent Ville Peltonen das Kommando und die zwei ersten Partien gewonnen. Nach dem 4:1 in Zug folgte die Revanche gegen Lausanne (5:3).

L'entraineur Ville Peltonen (GSHC), lors du match du championnat suisse de hockey sur glace de National League entre Geneve-Servette HC, GSHC, et Lausanne HC, LHC, ce dimanche 12 octobre 2025 a l ...
Bis Ende Saison ist Ville Peltonen Trainer von Genf-Servette.Bild: keystone

Aufbruch in Bern, Logik in Genf – und Drama in Ambri. Anders als in Bern gab es in der Leventina keine Notwendigkeit eines Kommandowechsels. Trainer Luca Cereda und Sportchef Paolo Duca – bei den Spielern wohlgelitten und respektiert – sind nach einer von watson aufgedeckten Intrige ihres Präsidenten Filippo Lombardi zurückgetreten. Er hatte hinter ihrem Rücken heimlich mit Christian Dubé verhandelt. Die Ratlosigkeit ist seither so gross, dass mit dem Segen der Liga ein vorerst bis heute Montag gültiges Kommunikationsverbot («Silenzio Stampa») erlassen worden ist.

Liga-Inspektion und «Grand Slam» in Ambri?
Da auch Präsident Filippo Lombardi sein Amt zur Verfügung gestellt hat, reist Liga-Manager Denis Vaucher am Freitag zur Inspektion in die Leventina. Die Liga befürchtet eine wirtschaftliche Destabilisierung und verlangt baldmöglichst Ordnung im Durcheinander.

Vielleicht steht gar der «Grand Slam der Rücktritte» (also vier Rücktritte) bevor: Geschäftsführer Andreas Fischer soll in Lombardis Intrige verstrickt gewesen sein und seinen Präsidenten zum Geheimtreffen mit Christian Dubé in Zürich begleitet haben. Womöglich mit dem Ziel, den Sportchef beerben zu können. Nun könnte ihn genau das den Job kosten. Der Präsident, der Geschäftsführer, der Sportchef und der Trainer weg – das wäre wahrlich ein «Grand Slam». Und nur in Ambri denkbar.

Es ist noch nicht einmal klar, wer denn eigentlich in Ambri der neue Cheftrainer ist. Die bisherigen Assistenten Eric Landry und René Matte führen interimistisch. Doch keiner mag der Chef des anderen sein. Weil das Reglement einen Verantwortlichen verlangt, trägt Matte den Titel. Juristisch, nicht aus Überzeugung. Unter dieser kollektiven Führung hat Ambri nun gegen Ajoie (3:2) und in Zürich (2:1) gewonnen.

Coaches Eric Landry (HCAP), left, and Rene Matte (HCAP), right, during the regular season National League game between HC Ambri Piotta and HC Ajoie at the ice stadium Gottardo Arena, Switzerland, Octo ...
Eric Landry (vorne) und René Matte an der Ambri-Bande.Bild: keystone

Dass Trainerwechsel wirken, ist längst mehr als Aberglaube und sogar wissenschaftlich bestätigt. In der Studie «The Effect of Mid-Season Coach Turnover on Team Performance: The Case of the National Hockey League 1989-2003» wurde herausgefunden, dass der Punkteschnitt («available points») von 0,35 vor dem Trainer-Wechsel auf rund 0,45 danach stieg. Auch in der folgenden Saison gab es noch eine Verbesserung auf etwa 0,51 Punkte. Und das in der NHL, wo die Bandengeneräle noch weit mehr Autorität und Mittel haben, um ihren Spielern Beine zu machen.

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quelle: keystone / peter klaunzer
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26 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Äuäscho
12.10.2025 21:50registriert August 2025
Frage mich,warum sich die nicht Bernfans immer so echauffieren........wenn kz eine story schreibt in der das Wort "Bern" vorkommt,dann liest es doch einfach nicht.....wer die Storys von KZ liest,wird nämlich glänzend unterhalten mit Insiderwissen,einer grossen Prise Ironie und emmental/oberaargauer Geschichte....immer noch viel lieber als jeden Tag Storys über das amerikanische Eichhörnchengesicht....
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Jacques #23
12.10.2025 21:51registriert Oktober 2018
Weshalb wusste die Mannschaft vom Treffen von Lombardi mit Dubé? Wieso wusste Watson davon?

Da muss irgendjemand gesungen haben?

Seitens Ambri,
Seitens Dubé
Seitens Leserreporter?

Es muss ja nicht gleich die Quelle sein, aber woher der Funke stammt, die das Fass zum explodieren brachte, wäre schono spannend.
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Oli78
12.10.2025 19:31registriert Januar 2023
5 Spiele mal absolvieren und dann neu einschätzen. Zur Zeit steht‘ 1 Sieg einer Niederlage entgegen.
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